Hate Speech 2021: Neues Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz tritt in Kraft

Hate Speech

Dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, haben bis heute einige Nutzer immer noch nicht verstanden. Beleidigungen und Drohungen gehören aus diesem Grund leider zum traurigen Alltag im World Wide Web. Zur Bekämpfung von Hasskriminalität und Rechtsextremismus im Internet hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nun ein neues Gesetz gegen Hate Speech unterzeichnet, das am 3. April 2021 endlich in Kraft tritt und verschiedene strafrechtliche Verschärfungen mit sich bringt.

Studie zu Hate Speech 2020

Grundlage der Gesetzesänderung ist der Ergebnisbericht der forsa-Befragung zu Hate Speech 2020. Seit 2016 beauftragt die Landesanstalt für Medien NRW einmal jährlich Studien zum Thema Hate Speech bzw. Hasskommentare. Aus der Befragung geht hervor, dass nach wie vor rund drei Viertel der befragten Internetnutzer:innen (ca. 73 %) angeben, dass sie bereits Hate Speech bzw. Hasskommentaren im Internet gesehen zu haben, z.B. auf Webseiten, in Blogs oder sozialen Netzwerken. Davon geben 10 % an schon sehr häufig Hate Speech bzw. Hasskommentare im Internet gesehen zu haben, 24 % häufig und 39 % weniger häufig.

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Symbolbild: pixabay

Neues Gesetz gegen Hass im Netz

“Unser Gesetzespaket dient dem Schutz aller Menschen, die im Netz bedroht und beleidigt werden. Die Wellen des Hasses sind in der Pandemie noch aggressiver als zuvor”, erklärt die Bundesjustizministerin Christiane Lambrecht. Die Ministerin betont die Bedrohung einer demokratischen Gesellschaft, wenn Personen aufgrund ihres Namens oder ihres Aussehens attackiert oder mundtot gemacht werden. So sei die Verschärfung des Strafgesetzbuches ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Hate Speech im Internet.

Das neue Gesetz gegen Hass im Netz sei jedoch nur der Anfang. Ab Februar 2022 soll ein entscheidendes neues Instrument zu Strafverfolgung im Netz hinzukommen. “Ab Februar 2022 müssen soziale Netzwerke Mord- und Vergewaltigungsdrohungen und andere schwere Hassdelikte nicht mehr nur löschen, sondern auch dem Bundeskriminalamt melden. Das wird zu schnellen und konsequenten Ermittlungen gegen Hetzer führen – bevor aus ihren Worten Taten werden“, so Bundesjustizministerin Christiane Lambrecht.

Gegen Hate Speech: Die neue Gesetzeslage

Wer droht oder beleidigt muss nun mit härteren Strafen rechnen. Bei Anklage und Verurteilung droht bei Beleidigung im Netz bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe. Bei Mord- und Vergewaltigungsdrohungen im Internet kommen auf den Täter:innen bis zu drei Jahre Haft zu. Zudem werden antisemitische Motive strafschärfend bewertet. Das neue Gesetz gegen Hate Speech enthält folgende Kernpunkte (Quelle: Bundesjustizministerium):

1. Erweiterung und Verschärfung des Strafgesetzbuches

  • Bedrohung (§ 241 StGB): Bislang war nach § 241 StGB nur die Bedrohung mit einem Verbrechen – wie die Morddrohung – strafbar. Jetzt sind auch Drohungen mit Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen Sachen von bedeutendem Wert (wie die Drohung, ein Auto anzuzünden), die sich gegen die Betroffenen oder ihnen nahestehende Personen richten, mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe strafbar. Wird die Tat im Internet oder auf andere Weise öffentlich begangen, drohen bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe. Der Strafrahmen für die Bedrohung mit einem Verbrechen wurde auf ebenfalls bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe angehoben, wenn diese nicht öffentlich erfolgt. Bei einer öffentlichen Drohung mit einem Verbrechen können bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe verhängt werden. Das gilt etwa für Mord- und Vergewaltigungsdrohungen im Internet.
  • Beleidigung (§ 185 StGB): Öffentliche Beleidigungen sind laut und aggressiv. Für Betroffene können sie enorm belastend wirken. Wer öffentlich im Netz Menschen beleidigt, kann jetzt mit bis zu zwei statt mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden.
  • Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB): Der besondere Schutz des § 188 StGB vor Verleumdungen und übler Nachrede gilt jetzt ausdrücklich auf allen politischen Ebenen, also auch für Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker. Zudem wurde der Straftatbestand auch auf den Schutz vor Beleidigungen ausgedehnt.
  • Belohnung und Billigung von Straftaten (§ 140 StGB): Ab jetzt ist auch die Billigung noch nicht begangener schwerer Taten erfasst, wenn diese geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Dies richtet sich gegen Versuche, ein Klima der Angst zu schaffen. Das öffentliche Befürworten der Äußerung, jemand gehöre „an die Wand gestellt“ ist ein Beispiel für die nun bestehende Strafbarkeit.
  • Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 StGB): Hier ist nun neben den bereits erfassten Straftaten auch die Androhung einer gefährlichen Körperverletzung und von schweren Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung umfasst.
  • Antisemitische Tatmotive werden nun ausdrücklich als strafschärfende Beweggründe genannt (§ 46 Abs. 2 StGB).
  • Schutz von Notdiensten (§ 115 StGB): Mancherorts ist es Alltag, dass Rettungskräfte und medizinisches Personal attackiert werden. Rettungskräfte im Einsatz sind bereits 2017 strafrechtlich besser vor Attacken geschützt worden. Dieser Schutz wurde nun auf Personal in ärztlichen Notdiensten und in Notaufnahmen ausgedehnt.

2. Pflicht sozialer Netzwerke zur Meldung von Hasspostings an das Bundeskriminalamt

  • Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§§ 86, 86a StGB)
  • Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§§ 89a, 91 StGB) sowie Bildung und Unterstützung krimineller und terroristischer Vereinigungen (§§ 129 bis 129b StGB)
  • Volksverhetzungen und Gewaltdarstellungen (§§ 130, 131 StGB) sowie Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 StGB)
  • Belohnung und Billigung von Straftaten (§ 140 StGB)
  • Bedrohungen mit Verbrechen gegen das Leben, die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit (§ 241 StGB)
  • Verbreitung kinderpornografischer Aufnahmen (§ 184b StGB)

Beleidigungen, üble Nachrede und Verleumdung sind nicht von der Meldepflicht umfasst, da die Abgrenzung zu von der Meinungsfreiheit umfassten Aussagen hier im Einzelfall schwierig sein kann. Soziale Netzwerke müssen allerdings künftig Nutzerinnen und Nutzer darüber informieren, wie und wo sie Strafanzeige und erforderlichenfalls Strafantrag stellen können.

3. Erleichterte Auskunftssperren im Melderecht

Ab jetzt können von Bedrohungen, Beleidigungen und unbefugten Nachstellungen Betroffene leichter eine Auskunftssperre im Melderegister eintragen lassen. So bist Du davor geschützt, dass Deine Adressen weitergegeben werden. Dazu wurde § 51 des Bundesmeldegesetzes geändert. Die Meldebehörden müssen künftig berücksichtigen, ob die betroffene Person einem Personenkreis angehört, der sich aufgrund beruflicher oder ehrenamtlicher Tätigkeiten in verstärktem Maße Anfeindungen oder Angriffen ausgesetzt sieht. Bei einer melderechtlichen Auskunftssperre wird (wie bisher) bei Kandidatinnen und Kandidaten auf Wahllisten nicht mehr die Wohnanschrift angegeben.

Langatmiger Gesetzgebungsprozess

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Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichnete den Gesetzesentwurf bereits am 30. März 2021 Bild: pixabay

Bevor das Gesetz gegen Hate Speech endlich auf den Weg gebracht werden konnte, ging einige Zeit ins Land. Bereits im Sommer 2020 stimmte der Bundesrat und der Bundestag dem Gesetzesentwurf zu. Allerdings unterzeichnete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das neue Gesetz erst am 30. März 2021. Die Verzögerung entstand durch die Zugriffsregeln für Daten von Smartphone-Nutzer:innen. Hier musste sich der Bundestag und der Bundesrat vorab einigen, inwiefern die personenbezogenen Daten zur Strafverfolgung genutzt werden dürfen. Zur Einigung kam es am 24. März 2021.

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